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Spielertrainier: Der Chef ist Trainer und Spieler zugleich? Diese Vermischung der Zuständigkeiten ist in vielen Unternehmen üblich. Für eine Führungskraft ist dies fordernd – und gefährlich zugleich. Wie die Rollenvermischung gelingt und was zu tun ist, wenn das Operative die eigentlichen Führungsaufgaben zu verdrängen droht.
Spielertrainer gehören in vielen Unternehmen zum gelebten Alltag. Der Begriff stammt aus dem Fußball und bezeichnet Feldspieler, die in Personalunion auch als Trainer agieren. Jogi Löw hat diese Rolle in seiner Vereinskarriere einmal ausgefüllt, ebenso wie die Trainerlegenden Hennes Weisweiler und Helmut Schön. Spielertrainer sind in der Regel besonders gute und erfahrene Spieler, denen zusätzlich zu ihrer aktiven Rolle auch Führungsaufgaben auf und neben dem Platz übertragen werden – sei es, weil es keinen anderen Trainer gibt oder weil der Spieler zu wertvoll ist, um auf seine Präsenz zu verzichten.
Die Doppelfunktion hat Vorteile: So können die Spielertrainer nicht nur ihre eigenen Vorgaben praktisch umsetzen, sondern auch die anderen mitreißen und ihnen zeigen, wie es geht – zumindest in der Theorie. Idealerweise funktioniert das so auch mit den Spielertrainern in der Wirtschaft: mit den „mitspielenden“ Führungskräften, die halb Manager, halb Experte sind, und noch mit einem Bein im Operativen stecken. Sie kommen vor allem dann zum Einsatz, wenn Teams bzw. ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fachlich noch nicht hinreichend entwickelt sind, um allein alle Aufgaben zu übernehmen. Auch als Springer erledigen sie operative Tätigkeiten, etwa wenn das Auftragsvolumen kurzfristig steigt oder es krankheitsbedingt an Manpower mangelt. Wie im Fußball spricht einiges für die Rollenvermischung: Denn Spielertrainer sind fachlich versiert, haben eine hohe Akzeptanz innerhalb und außerhalb ihres Teams und sind daher in der Lage, Engpässe schnell und effizient zu beseitigen.
In der Praxis passiert es allerdings sehr oft, dass der Chef nicht nur aushilfsweise, sondern permanent operativ mitarbeitet. Vor allem in Teams mit weniger als acht Mitarbeitern ist das nahezu standardmäßig der Fall. Auch Filialleiter, Leiter von Entwicklungsteams und Produktionsleiter verharren typischerweise in der Spielertrainer-Rolle. Auf Dauer kann das jedoch problematisch werden. Es ist kein Zufall, dass im Fußball Spielertrainer nur bis zu einer bestimmten Liga gibt, während bei den Profis nur ausgebildete Vollzeittrainer zugelassen sind: Denn so hilfreich die Doppelrolle kurzfristig sein kann, die eigentliche Aufgabe des Trainers ist es nicht, Tore zu schießen, sondern langfristig dafür zu sorgen, dass andere es tun, und zwar möglichst gut.
Wenn Trainer jedoch mitspielen, riskieren sie, diese Kernaufgabe zu vernachlässigen. Grund für das Spieler-Trainer-Dilemma, in das sie zwangsläufig geraten, sind die drei verschiedenen Ebenen, auf denen sie als Spielertrainer gleichzeitig handeln müssen: Sie arbeiten operativ (Ebene A), führen und coachen ihre Mitarbeitenden (Ebene B) und managen zudem ihr Aufgabengebiet (Ebene C).
Das ist nicht nur vom Arbeitsaufwand kaum zu bewältigen, allein mit der Führung der Mitarbeiter ist ein Vorgesetzter ja eigentlich schon ausgelastet. Die drei Ebenen kommen sich zudem auch häufig in die Quere, etwa, wenn es darum geht, auf dem Platz etwas mit der notwendigen Autorität anzuschieben und gleichzeitig als Coach und Schlichter für das Team glaubwürdig zu bleiben.
Der Spagat zwischen den Aufgaben als Experte und als Chef führt zu enormen persönlichen Zusatzbelastungen. Verstrickt ins Operative können Spielertrainer nicht einfach zurück schalten, wenn sie möchten, weil Aufgaben zu Ende geführt werden müssen. Schließlich ist es auch die Überlastung selbst, die sie daran hindert, zu erkennen, dass sie sich durch ihr Mindset und ihre Arbeitsweise erst in die Situation gebracht haben. Eine Situation, aus der viele nur durch externe Hilfe, zum Beispiel durch Coaching herauskommen.
Führungskräfte sind in der Regel die Teammitglieder mit dem größten Fachwissen, oft mangelt es an anderen erfahrenen Experten. Zugleich ziehen Spielertrainer ihre Führungslegitimation genau aus diesem Wissensvorsprung, und sie fühlen sich daher genötigt, ihn unter Beweis zu stellen. Beides birgt die Gefahr, dass operative Fragen im Alltag dominieren und Spielertrainer ihre Aufgaben in Sachen Team- und Menschenführung nachrangig behandeln.
Wenn der Chef das Feld betritt, erwarten auch alle Lösungen oder zumindest starke Impulse von ihm. Das führt zu einem hohen Druck, während gleichzeitig die Gefahr droht, dass Mitarbeiter sich zu sehr auf die Führungskraft verlassen und unbewusst ihre eigenen Bemühungen einstellen.
Alle vier Risiken sind Symptome einer fehlenden Rollenbalance zwischen operativen und Führungsaufgaben. Die ist jedoch kaum zu vermeiden: Erfahrungsgemäß lieben die Spielertrainer die Arbeit „auf dem Platz“, also die operative Arbeit (A), in der sie lange tätig waren und ein fundiertes Expertenwissen besitzen, woraus sie wiederum große Souveränität ziehen. Bei den anderen Aufgaben sieht es oft genau umgekehrt aus: Die Führung von Mitarbeitern (B) wird als lästig empfunden und ist mit unangenehmen Aufgaben (Feedback geben, Konflikte ansprechen, Kritik aushalten) verbunden. Mitarbeiter reagieren negativ auf Eingriffe in ihre Selbststeuerung und Autonomie, und lechzen nach Feedback, Aufmerksamkeit und Wertschätzung, was es Spielertrainern schwer macht, ein gutes Nähe-Distanz-Management aufrechtzuerhalten. Auch die Managementaufgaben (C) sind bei Spielertrainern deutlich weniger beliebt als die operative Arbeit, nicht zuletzt weil die konzeptionelle und analytische Kompetenz bzw. entsprechende Weiterbildungen oft fehlen.
1. Spielertrainer überlasten sich mit zu vielen Fachaufgaben
Spielertrainer positionieren sich auf drei Ebenen zugleich: auf der operativen, auf der Führungs- und auf der Managementebene. Das führt nicht nur leicht zu Widersprüchen, sondern vor allem auch zu einer persönlichen Überlastung.
2. Spielertrainer vernachlässigen die Führung
Führungskräfte sind in der Regel die Teammitglieder mit dem größten Fachwissen, erfahrungsgemäß ziehen viele ihre operativen Aufgaben denen in Sachen Team- und Menschenführung vor, was zu einer einseitgen Auslegung ihrer Rolle führt.
3. Spielertrainer widmen sich zu wenig ihren strategischen Aufgaben
Führungskräfte sollten langfristig denken und frühzeitig die richtigen Weichen stellen. Wenn sie zu sehr mit akuten operativen Aufgaben beschäftigt sind, erscheinen die jeweils dringender, die Weitsicht geht verloren.
4. Spielertrainer stehen unter hohem Erwartungsdruck
Die Legitimation des Spielertrainers hängt davon ab, dass er eine besondere Leistung zeigt, wenn er den Platz betritt. Das sorgt für hohen Druck, der aber mit der Qualifikation als Trainer nichts zu tun hat.
1. Spielertrainer sind gläsern
Immer wenn die Führungskraft in die Rolle des Spielers schlüpft, ist sie zugleich Vorbild für alle auf dem Platz: Wenn sie foult, foulen alle. Dabei werden schon kleinste Abweichungen vom Optimum als Zeichen gewertet, dass man das machen kann.
2. Spielertrainer dringen in die Domäne der Mitarbeiter ein
Wenn sich Führungskräfte ins Operative einklinken, können sich Mitarbeiter, die sonst in ihrem Bereich nach eigenem Ermessen arbeiten, eingeschränkt fühlen und demotiviert werden.
3. Spielertrainer entmündigen ihre Mitarbeiter Mitspielende
Chefs übernehmen oft automatisch die wichtigsten Aufgaben – oder bekommen sie überlassen. Allein ihre Präsenz führt dazu, dass Mitarbeiter im vorauseilenden Gehorsam ihre Arbeitsweisen und Meinungen übernehmen.
4. Spielertrainer bremsen die Entwicklung ihrer Mitarbeiter
Je mehr Spielertrainer selbst machen, desto weniger Verantwortung übertragen sie an die Mitarbeiter. Letztlich nehmen sie ihnen damit Entwicklungschancen.
1.Mindset und Rolle klären
Gerade in Übergangsphasen in übergeordnete Funktionen ist es für Führungskräfte schwierig, ihre Rolle zwischen operativen und Führungsaufgaben zu finden, zumal Letztere von vielen als unangenehm empfunden werden. Damit sie nicht als Edel-Experten ihre Führungsaufgaben vernachlässigen, müssen sie genau für sich klären, worauf sie ihre Zeit und Anstrengungen verwenden. Die Führungsaufgaben sollten dabei nie hinter das Operative zurückfallen.
2. Exitstrategie festlegen
Wenn der Spielertrainer das Feld betritt, sollte er das nur auf Zeit tun und von vornherein klären, wie viel er investieren will, wann er wieder geht, was danach kommen soll und wer anschließend übernimmt.
3.Mitarbeiter entwickeln
Damit sich Spielertrainer ihren Führungsaufgaben widmen können, müssen andere sie ersetzen können. Oft sind jedoch die Teamleiter zugleich die besten Experten, was sie immer wieder ins Operative zieht. Folglich müssen sie ihre Mitarbeiter entwickeln, das heißt: vertrauen, Aufgaben delegieren, Erfahrungen sammeln lassen.
Da die Ebenen B und C fast ausschließlich negativ konnotiert sind, konzentrieren sich Spielertrainer lieber auf das, was sie am besten können und gerne machen – und auch für effizienter halten, als anderen dabei zuzusehen, wie sie eine Aufgabe weniger schnell lösen, als sie es tun würden. Spielertrainer erliegen daher leicht der Versuchung, sich in Günter-Netzer-Manier schnell selbst einzuwechseln. Das passiert vor allem, wenn sie gerade eine neue Stufe in ihrer Karriere erreicht haben. An diesen Cross-Roads in neue, übergeordnete Funktionen (s. Grafik rechts) fällt es vielen schwer, sich auf die neue Rolle einzustellen. Stattdessen arbeiten sie als Edel-Experte weiter – und riskieren, sich selbst und ihrem Team zu schaden
Immer wenn die Führungskraft in die Rolle des Spielers schlüpft, wird sie „gläsern“ für die Mitarbeiter: Sie muss mit sehr viel Sorgfalt darauf achten, welches Vorbild sie abgibt, denn wenn sie foult, foulen alle. Zwar können sie auch gute Rollenmodelle für ihre Mitarbeiter abgeben, aber schon kleinste Abweichungen vom Optimum – zum Beispiel, was den Tonfall gegenüber Kollegen oder das Verhalten gegenüber Kunden angeht – werden als Zeichen gewertet, dass man das machen kann.
Wenn sich Führungskräfte ins Operative einklinken, tragen sie unbeabsichtigt die Hierarchie in einen Bereich, in dem die Mitarbeiter sonst gleichberechtigt und idealerweise selbstständig arbeiten. Die wiederum können sich durch einen mitarbeitenden Teamleiter eingeschränkt fühlen, zu Lasten der Motivation.
Um es noch einmal zu sagen: Grundsätzlich ist die Verbindung beider Rollen vorteilhaft und oft alternativlos. Damit sie funktioniert, kommt es aber auf die richtige Mischung an, die nicht einseitig in Richtung Operatives ausschlagen sollte. Eine Mischung von 70 zu 30 zugunsten der Führungsaufgaben ist gesund, wobei es natürlich auf das jeweilige Unternehmen ankommt. Allerdings sollten Führungskräfte die Spielertrainer-Rolle bestenfalls auf Zeit spielen. Denn aus genannten Gründen steigt auf Dauer die Gefahr, dass das Operative Überhand nimmt und die eigentlichen Führungsaufgaben verdrängt.
Um das zu verhindern, sollten Spielertrainer von vornherein eine „Exit-Strategie“ planen, also genau festlegen, wie viel Zeit sie investieren möchten und was sie tun, wenn die Situation, die ihr Eingreifen erforderlich gemacht hat, bewältigt ist. Daran schließen sich weitere Fragen an, die ebenfalls besser im Vorfeld geklärt werden: Wer übernimmt? Was braucht der Nachfolger dafür? Wie bekomme ich meine Leute so weit? Denn auf lange Sicht kann sich der Spielertrainer nur vom Operativen entlasten, indem er in eine konsequente Führung und die Weiterentwicklung seiner Mitarbeiter investiert. Nur ein selbstständig arbeitendes Team macht es möglich, dass sich die Führungskraft von den fachlichen Aufgaben zurückziehen und sich langfristigen Führungsaufgaben widmen kann. Dazu brauchen sie vor allem dreierlei: Führungskräfte sollten ihrem Team vertrauen, dass es operative Aufgaben eigenständig lösen kann – und ihnen damit überhaupt die Möglichkeit geben, sich selbst zu den Experten zu qualifizieren, die sie sein müssen, um den Spielertrainer abzulösen.
Führungskräfte sollten auch wichtige Aufgaben delegieren und sich von der Vorstellung befreien, dass sie ihre Legitimation als fachlich Führender ständig belegen müssen. Das hilft, Gewöhnungseffekte zu vermeiden und trägt zur Teamentwicklung bei. Statt sich auf die operative Ebene herab zu begeben, sollten sie eher versuchen, ihre Mitarbeiter auf die strategische Ebene heraufzuziehen, damit sie ein Verständnis für die langfristigen Aspekte ihrer Arbeit entwickeln und die Ziele des eigenen Geschäftsbereichs optimal unterstützen können. Eine Möglichkeit besteht darin, im Rahmen von Workshops gemeinsam eine tragfähige Strategiearbeit zu entwickeln. Auch künftig wird es Führungskräfte geben, die aus Not oder Überzeugung die Rolle des Spielertrainers übernehmen. Doch sie sollten, wie es auch im Sport üblich ist, erkennen, wann es an der Zeit ist, der eigenen Mannschaft zu vertrauen und weiterreichende Aufgaben zu übernehmen. Führungskompetenz heißt auch, zu wissen, wann man selbst nicht mehr auf dem Platz stehen sollte.
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